05 August 2005

Herzliches Unwillkommen-Sein


Starten wir auf den Startseiten. Mit blinkenden Pfeilen, Warndreiecken und rotumrandeten Hinweisschildern fangen viele Online-Redakteure trickreich den ersten Blick beim Besuch der Homepage ein. Warum? Um Texte wie diesen in das Bewusstsein der Besucher zu hämmern:

Warnung: Datendiebe fordern zurzeit Kunden von Volksbanken Raiffeisenbanken auf, über eine gefälschte Internet-Adresse persönliche oder vertrauliche Daten wie Kunden- oder Kreditkartennummern und PIN/TAN preiszugeben. Diese Angriffe werden als "Phising" bezeichnet. Wir raten Ihnen dringend, derartige Mails zu ignorieren. Falls Sie Ihre Daten bereits weitergegeben haben, wenden Sie sich bitte umgehend an unsere OnlineBanking-Hotline Tel. 08671/505-190.

Zuzätzliche Gefahren stellen die sog. "Trojaner"-Programme dar, die unter Umständen sicherheitsrelevante Daten ausspionieren und an die kriminellen Programmierer des Trojaners weiterleiten. Wie eine Studie des BSI zeigt surfen die Deutschen zu sorglose: "Jeder vierte surft ohne Virenschutz!"

(Beispiel: Volksbank Raiffeisenbank Altötting Mühldorf , der Heimatregion von Papst Benedikt XVI):

Eine kleine Fehleranalyse:

1. Die Sprache: Viel zu kompliziert und langatmig! Ich habe den ersten Satz zweimal gelesen, um zu wissen worum es geht. "Zurzeit" ist ein echtes Stopper-Wort. Sprachlich interessierte Besucher der Seite grübeln, ob es wohl richtig geschrieben ist, freuen sich so ein Wort mal wieder zu sehen, lesen aber in jedem Fall nicht weiter. Verlorene Leser!

Besser: Kurze, verständliche Sätze mit einfachen Worten.

2. Die Ansprache: Der Text beginnt wie eine Zeitungs-Nachricht ("Datendiebe fordern") geht dann zum Nutzwert-Journalismus über ("als Phishing bezeichnet"), um schließlich da zu enden, womit es beginnen müsste: Mit der persönlichen ASnsprache, mit der persönlichen Beziehung zwischen dem Besucher und seiner Bank. Verschenkte Beziehung!

Besser: Direkte Ansprache im ersten Satz.

3. Die Emotion. Warnung, Diebe, Fälschung, Angriffe, Spionage, kriminelle Programmierer! Oh, weh, zur Hilfe! Die heimliche Botschaft dieser liebgemeinten Aussage verkehrt den Sinn der Warnung ins Gegenteil: Das Internet ist ja so gefährlich! Und nicht nur, dass ich mit Phishing ausspioniert werde, es lauern ja auch noch Trojaner - das durchschaue ich nicht mehr. Am besten ich lasse das Homebanking derzeit sein und gehe selbst in die Bank und treibe die Beratungskosten meiner Bank mit Überweisungen in die Höhe.

Besser: Gut geschützt mit Ihrer Bank - 10 neue Tipps gegen Betrüger.

Bei aller Liebe zur Sicherheit: Ein Online-Auftritt ist ein Marketing- und Vertriebsinstrument, eine Plattform für dauerhafte Kundenbeziehungen. Wehren Sie sich in den Redaktionsmeetings (was war das noch mal?) gegen neurotische Netzwerkpfleger und alarmierte Administratoren und formulieren sie positiv! Es gibt ohnehin keinen perfekten Schutz. Aber wenn es einen gibt, dann doch bei Ihrer Bank, oder nicht?